Freitag, 9. Februar 2018

SWR 2018 - "Passgenaue Inhalte" gesucht


Die 'üblichen Verdächtigen' im SWR-Studio
Jahrespressekonferenzen von TV-Sendern sind so spannend, wie das Schaulaufen auf dem Eis. Jeder zeigt sich von der besten Seite, man wagt nicht allzu schwere Sprünge und trägt das attraktivste Kostüm - man will halt gefallen. So war es auch am 1. Februar 2018 beim Südwestrundfunk (SWR) in Stuttgart. Im TV-Studio wurden Schnittchen, Getränke und - mehr oder weniger - Prominenz gereicht. Kritische Fragen hatten die anwesenden Journalisten nicht mitgebracht - dafür gab es lecker Trailer, die für das Programm 2018 werben sollten. 

Aber wohin will der SWR? Intendant Peter Boudgoust sagte, es gehe in Zukunft darum, mehr "passgenaue Inhalte" zu produzieren - allerdings ohne mehr Mittel. Hörte sich so ziemlich nach "SWR 4.0" an und Informationschef Christoph Hauser legte nach, "Datenjournalismus" laute für den SWR der nächsten Jahre die Devise. Deshalb werde man künftig verstärkt Teams aus EDV-Fachleuten und Multimediaredakteuren bilden. Böse Zungen im Haus meinen, jetzt schon würden zunehmend Nerds ohne journalistischen Sachverstand die Redaktionsbüros bevölkern.  

Online und Mobilempfang aller SWR-Angebote lautet aber nicht nur in Stuttgart die Parole.
..kein neues SWR-Motto - TV-Doku-Trailer
Boudgoust kündete für den Sommer 2018 den Start einer einheitlichen ARD-Mediathek an, in der die Angebote aller Anstalten integriert werden sollen. Der ARD-Onlinechef Benjamin Fischer erklärte, künftig könnten die Nutzer sich dort anmelden und bekämen dann auf ihr persönliches Nutzerprofil zugeschnittenen Info- und Programmangebote. "Je länger der ARD-Player genutzt wird, desto persönlicher werden die Empfehlungen", heißt es dazu vollmundig im Pressetext. Die ARD auf dem Weg zum gläsernen Zuschauer? Mitnichten betonte Bougoust auf Nachfrage, die Medienforschung würde keinen Zugriff auf die Nutzerprofile bekommen - Missbrauch sei ausgeschlossen. ARD-Onlinechef Fischer betonte, man müsse sich ja nicht anmelden, könne auch sein Profil löschen und weiter die Mediatheken nutzen. Irgendwie passte zu dem Thema der Trailer des preigekrönten Dokumentarfilms "Im Rausch der Daten - Netz und Demokratie". Darin verfolgten die Autoren die Auseinandersetzung im Europäischen Parlament um eine einheitliche Datenschutzregelung der EU. 


Viel WM-Fußball mit weniger Kosten

Der SWR bestimmt den WM-Kick für die ARD
Stolz präsentierte man in Stuttgart - der SWR ist für die gesamte Berichterstattung von der Fußball-WM im Sommer in Russland zuständig - die aktuellen Pläne der ARD. Auch hier gilt: Gekickt wird auf allen Empfangswegen: "Erstmals wird ein Sportgroßereignis konsequent multimedial geplant" so der Pressetext. Gleichzeitig wird gespart, ARD und ZDF reduzieren ihre Studio-Aktivitäten in Moskau, die Studioberichte der ARD werden in Baden-Baden produziert - in Moskau sitzt dann im Sendezentrum nur noch ein Redakteur. "Das wird ein Quantensprung in der Abwicklung von Großereignissen", kündete ARD-Teamchef Harald Dietz in Stuttgart an.   

Fußballfans erinnern sich an die Ausschreitungen in Stadien während der Europameisterschaften in Frankreich im Sommer 2016. Die UEFA - die den Fernsehsendern die Bilder aus den Stadien zulieferte - zeigte keine Aufnahmen von Prügeleien rivalisierender Fangruppen. Nur dem Zufall war es zu verdanken, dass die ARD ein Team vor Ort hatte und die Bilder in der Tagesschau gezeigt werden konnten.  

https://medienfresser.blogspot.de/2016/06/uefa-zeigt-bei-der-em-ein-potemkinsches.html 
https://medienfresser.blogspot.de/2016/06/tschechien-kroatien-uefa-behutet.html 

Darauf angesprochen, sagte Thomas Wehrle - Programmchef Fernsehen/Online/Social Media, man habe sich mit der FIFA darauf geeinigt, bei allen Spielen die die ARD übertrage, eigene Kamerateams ins Stadion zu bringen. Darüber hinaus sei es ja völlig normal, dass die Bilder der Begegnungen im Auftrag der Fußballverbände produziert und das sogenannte "Weltbild" dann den TV-Sendern zugeliefert werde. 

SWR offen für Kooperationen mit Verlagen und Veranstaltern 


Der Intendant des Bayerischen Rundfunks, Ulrich Wilhelm, hatte sich Anfang Januar für eine gemeinsame Online-Plattform der deutschen Medieanbieter ausgesprochen, um nicht Google, Amazon, Facebook und Co zunehmend den Internet-Fernsehmarkt zu überlassen (Fachdienst Medienkorrespondenz 2/2018). Diesem Ansinnen stimmte in Stuttgart auch SWR-Intendant Boudgoust zu, zeigte sich aber angesichts der Verlegerkampagne gegen die Internetauftritte der ARD skeptisch. Die Zeit für so ein Projekt laufe ab, wer hier weiter auf die Bremse treten würde, mache ein solches Projekt unwahrscheinlicher. Grundsätzlich stehe der SWR Kooperationen mit Verlagen im Internet positiv gegenüber, betonte der Intendant. Man habe mittlerweile fast allen Verlagen des Sendegebietes die SWR-App vorgestellt und arbeite mit zehn Tagszeitungen der Region zusammen. "Die Tür steht weiter offen." Zu Kooperationen sei man weiterhin bereit, werde dabei aber keine inhaltlichen Kompromisse eingehen, betonte Boudgoust. Angesichts der großen Kosten die bei TV-Mehrteilern im Fiction Bereich entstehen, zeigte sich der SWR-Intendant aufgeschlossen gegenüber Kooperationen mit anderen Veranstaltern ("Berlin-Babylon"). Er betonte aber, dies sei derzeit Aufgabe der ARD und ihrer Produktiongesellschaften. Angesichts der aktuellen Diskussion der Rundfunkreferenten der Länder über einen Neuregleung der Mediatheken von ARD und ZDF, den Angriffen der Verleger auf die Online-Angebote und der Volksabstimmung in der Schweiz über die Abschaffung der dortigen Rundfunkgebühr kündigte Boudgoust an: "Wir müssen uns stärker erklären - und das tun wir".  

https://medienfresser.blogspot.de/2017/01/swr-2017-regional-aktuell.html 

...was von den Pressekofenrenzen blieb....


 

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